• Allgemein
  • Qualität
  • Tips und Tricks

Hop Creep - Was ist das und wie vermeide ich es in der Brauerei?

Der Blog zum Podcast HOPFENKLANG

„Hop Creep“ oder auch die „diastatische Kraft des Hopfens“ sind Begriffe, die spätestens seit der steigenden Popularität des New England India Pale Ales (NEIPA), der Juciy & Hazy-Biere sowie der zunehmenden Kalthopfung von klassischen Bierstilen immer mehr an Bedeutung gewinnen. In dem Maße wie sich die Kalthopfung als Prozessschritt in Brauereien etabliert und auch die durchschnittliche Hopfenmenge pro Kalthopfung zunimmt, gefährdet dieses Phänomen immer häufiger die Brauresultate. Doch Brauer können Abhilfe schaffen und dem bösen Spuk ein Ende setzen. Die Wissenschaft und das Brewing Solutions Team von BarthHaas stehen ihnen zur Seite.

Was ist unter Hop Creep zu verstehen?

Hop Creep ist eine Zusatzgärung in kaltgehopften Bieren, die durch amylolytische, also stärkeabbauende, Enzyme aus dem Hopfen initiiert wird. Diese Enzyme bauen unvergärbare Dextrine in kurzkettige Oligosaccharide wie Maltotriose, Maltose und Glukose ab. Während die Hefe mit langkettigen Dextrinen nichts anzufangen weiß, ist sie in der Lage Glukose und Maltose zu vergären. Die im Jungbier verbliebenen Hefezellen verwandeln diese Zucker in der Nachgärung in Alkohol, CO2 und sekundäre Metaboliten, das sind – zumeist unerwünschte – Gärungszwischenprodukte. Geprägt wurde der Begriff „Hop Creep“ von den amerikanischen Craft-Brauern. Da es sich um einen verborgenen, langsamen, jedoch unaufhaltsamen Prozess handelt, der bei Brauern für unangenehme Überraschungen sorgt, verwenden wir bei BarthHaas auch den Begriff „Hopfenschleicher“. Das Phänomen ist mittlerweile Thema der Forschung geworden. Erstmals dokumentiert wurde es jedoch bereits 1893 von den Autoren Brown und Morris in der englischen Publikation The Brewers Guardian.

Die Brandbreite der Effekte reicht vom Anstieg des Alkoholgehaltes und der Karbonisierung bis hin zu geschmacklichen Veränderungen wie reduzierte Restsüße , weniger Vollmundigkeit und verändertes Mundgefühl. Hop Creep kann im schlimmsten Fall sogar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, weil unter Umständen die Produktsicherheit (explodierende Flaschen) nicht gewährleistet ist oder der auf dem Etikett ausgewiesene Alkoholgehalt nicht dem tatsächlichen Alkoholgehalt des kaltgehopften Bieres entspricht. Was sich mitunter dramatischer auswirken kann als ein erhöhter Vergärungsgrad, ist die Bildung sogenannter Metabolite wie beispielsweise Diacetyl – ein Off-Flavor, der den geschmacklichen Charakter des Bieres unangenehm verändert.

Was die diastatische Kraft des Hopfens beeinflusst, sind so bekannte Faktoren wie Ernteschwankungen, Verarbeitungsform und Sortenwahl. Manche Sorten haben laut einer Untersuchung der Oregon State University eine höhere diastatische Kraft als andere. Auch die Darrung spielt eine Rolle: Je höher die Darrtemperatur, desto niedriger die Enzymaktivität. Insgesamt gesehen ist jedoch das Ausmaß der diastatischen Kräfte unvorhersehbar, da Schwankungen von Charge zu Charge auftreten können.

 

Wie kann man Hop Creep berechnen?

Um den schleichenden Dextrinabbau aus der Nachgärung dennoch kontrollieren und in den Brauprozess integrieren zu können, haben die Wissenschaftler Arnbjørn Stokholm, Lindsey N. Rubottom und Thomas H. Shellhammer von der Oregon State University eine Methode zur praktischen Anwendung in der Brauerei entwickelt. Ihre Studie wurde in der November/Dezember-Ausgabe 2020 der Zeitschrift Brewing Science veröffentlicht. Darin haben sie in Anlehnung an die ASBC-Methode Wort-5 Schnellgärungen mit und ohne Kalthopfung im Labormaßstab durchgeführt und die Ergebnisse mit Gärungen im Großmaßstab verglichen – bei gleicher Würze, gleicher Hefe und gleichem Hopfen. So konnten sie die Relevanz der Laborergebnisse überprüfen und den Korrelationsgrad feststellen. Gemessen wurden im Labor jeweils der Restextrakt und der scheinbare Vergärungsgrad nach 48 und 72 Stunden. Tatsächlich ließen die Ergebnisse aus der Schnellgärung im Labor Rückschlüsse auf den Hop Creep-Effekt im Großmaßstab zu. Die Korrelation war am größten mit den Messungen nach 72 Stunden.

Besonders geeignet ist diese Methode für Brauereien, die schon über ein Labor verfügen und eine Gärung im Kleinmaßstab der Produktion voranstellen können, um den Dextrinabbau zu berechnen. Die Methode lässt sich wie folgt reproduzieren: 500 ml der Würze werden mit Hefe unter ständigem Rühren bei 20 Grad Celsius vergoren. Nach 48 und nach 72 Stunden werden jeweils Restextrakt und scheinbarer Vergärungsgrad gemessen. Zu einer zweiten 500-ml-Probe werden zusätzlich fünf Gramm des Hopfens hinzugegeben. Sie wird ebenso vergoren und gemessen. Die Ergebnisse ermöglichen es, den Dextrinabbau im Großmaßstab zu kalkulieren.

 

Wie kann man den Hop Creep-Effekt vermeiden?

Wir wissen heute, dass die Enzyme aus dem Pflanzenmaterial der Dolden kommen. Je weniger Pflanzenmaterial ein Brauer verwendet, um so geringer ist die amylolytische Aktivität. Somit wird klar, warum T90-Pellets eine stärkere Enzymwirkung haben als angereicherte T45-Pellets. Brauer, die Aromaextrakte wie beispielsweise das fließfähige und vollständig lösliche Spectrum in den Kaltbereich geben, sind vor dem gemeinen Hop Creep so gut wie sicher.

Jedoch können Brauer auch mit dem richtigen Gabezeitpunkt viel erreichen: Hop Creep tritt insbesondere dann auf, wenn der Hopfen nach der Hauptgärung zugegeben wird. Die Enzyme aus dem Hopfen sind aktiv, einige wenige Hefezellen sind drin, um zu vergären, jedoch nicht genug, um das entstehende Diacetyl wieder abzubauen. Daher empfiehlt das Brewing Solutions Team von BarthHaas, den Hopfen erst am Ende der Hauptgärung beispielsweise bei einem Restextrakt von 5 Grad Plato hinzuzugeben. Entstehendes Diacetyl kann dann in der sogenannten Diacetylrast, also in der zwei- bis viertägigen Warmhaltung, abgebaut werden. Außerhalb des Reinheitsgebotes gibt es überdies die Möglichkeit, Diacetyl durch Decarboxylase mittels eines hinzuzufügenden Enzymproduktes abzubauen – als letzte Rettung, wenn sonst nichts mehr zu retten ist.

 

Referenz: „Evaluating a benchtop fermentation method for estimating dextrin degradation by hop diastatic enzymes during dry-hopping”, A. Stokholm, L. N. Rubottom, T. H. Shellhammer, Brewing Science November/December 2020 (Vol. 73).

 

HOPFENKLANG

… der Podcast von BarthHaas und BRAUWELT: Jeden Monat sprechen Hopfen-Experten aus dem Haus BarthHaas gemeinsam mit BRAUWELT-Chefredakteurin Dr. Lydia Junkersfeld über praxisrelevante technologische Neuigkeiten rund um das grüne Gold.
 

Jetzt hören!

Ein Beitrag von

Marketing and Content Management Hops Academy

Sylvia Kopp

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

Präzision im Hopfenaroma: Innovative Lösungen mit wasserbasierten PHA®s

Steht das Hopfenaroma bei Ihren Bieren an erster Stelle? Falls ja, sind Sie nicht allein. Das Hopfenaroma ist eine schwer fassbare Eigenschaft, die…

Ein Traum von Schaum

In englischen Pubs, belgischen und niederländischen Biercafés sieht man es oft: Zuerst taucht die Wirtin oder der Wirt den Zapfhahn in den Schaum, um…

Besondere Zeiten, besondere Maßnahmen

Facharbeitermangel, Logistikkrise, steigende Kosten einerseits, höhere Anforderungen in puncto Nachhaltigkeit andererseits – der Druck steigt von…

Hop Update August 2022

Hallo und Herzlich Willkommen zum BarthHaas HopUpdate im August! Neben dem aktuellen Pflanzenstand werden wir in diesem Monat auch einen besonderen…