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Hopfen als Heilpflanze

Die mittelalterliche Heilkundlerin und Äbtissin Hildegard von Bingen war kein überzeugter Fan vom Hopfen. Sie war der Ansicht, dass Hopfen melancholisch macht, allein seine haltbarmachende Wirkung in Getränken fand sie gut. Tatsächlich wird das grüne Gold heutzutage fast ausschließlich fürs Bierbrauen verwendet. Wenn wir uns jedoch neuere Untersuchungen anschauen, dürfen wir Frau von Bingen eines Besseren belehren: Hopfen gehört in jeden Heilkräutergarten!

Die haltbarmachenden Eigenschaften, für die der Hopfen so hoch geschätzt wird, sind den im Lupulin enthaltenden Alpha- und Beta-Säuren zu verdanken. Diese wirken anti-mikrobiell, was so viel bedeutet wie ein Rundumschlag gegen Bakterien, Viren und Pilze. Die Inhaltsstoffe des Hopfens sind in der Lage, der Besiedelung von Mikroorganisment entgegenzuwirken. Forschungsergebnissen zu folge besiegt die antibakterielle Power des Hopfens sogar jene multiresistenten, pathogenen Bakterien, die der medizinischen Fachwelt Kopfschmerzen bereiten.1 Dieses breite Wirkungsspektrum qualifiziert Hopfen nicht nur für die Lebensmittelherstellung sondern auch für eine ganze Reihe antibakterieller medizinischer Anwendungen.

Neben den Alpha- und Betasäuren ist die gesamte Gruppe der Polyphenole und insbesondere der Prenylflavonoide, zu denen auch das Xanthohumol gehört, von großer Bedeutung. Polyphenole werden wegen ihrer anti-oxidativen Wirkung geschätzt. Sie können unsere Zellen jung halten. Vor allem das Xanthohumol hat sich in der Prophylaxe einer ganzen Bandbreite von Krebserkrankungen hervorgetan.2 Außerdem wirkt Hopfen entzündungshemmend und unterstützt das Immunsystem unseres Körpers. Neuere Arbeiten haben seine heilenden Eigenschaften für eine Reihe oraler Entzündungskrankheiten bestätigt3, und auch  vor kardiovaskulären Krankheiten vermag er zu schützen. Xanthohumol und Bittersäuren scheinen zudem, bei zwei weiteren Volkskrankheiten Wunder zu wirken: Die beiden Stoffe beugen Untersuchungen zufolge der Fettleibigkeit und der Diabetis vor.4 Doch das ist noch nicht alles: Hopfen enthält auch effektive phyto-östrogene, die Menstruationsschmerzen sowie Beschwerden des Klimakteriums lindern. Handelsübliche Präparate enthalten neben Hopfen oft auch Auszüge aus Sojabohnen und Baldrian, die ähnlich wirken.5

Medizinisch weitreichend untersucht sind die beruhigenden Qualitäten der Hopfenöle und Bittersäuren. Dabei wurde herausgefunden, dass die Wirksamkeit umgekehrt der des Kaffees entspricht: Was man an Wachheit durch Kaffee erreicht, ließe sich mit Hopfen gut neutralisieren.6

Bleibt noch zu erwähnen, dass Hopfen auch gegen Akne hilft und eine schöne Haut macht ¬– was an dieser Stelle wohl niemanden mehr wundert.7

An den Darreichungsformen wird indes noch gearbeitet. Nicht nur in einigen Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten sind Auszüge von Hopfen enthalten, auch in Pflegeprodukten: Da gibt es Zahncreme, Bodylotion und Shampoo mit Hopfen. Achtung! Bier trinken ist kein Ersatz für ein Heilmittel. Im Bier sind die wirksamen Inhaltstoffe in viel zu geringer Konzentration enthalten und außerdem zusammen mit Alkohol, was bei hoher Dosierung und zu langer Einnahmedauer kontraproduktiv wirkt.

Das Einzige, was wir sagen können: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, schluckt täglich ein bis zwei Hopfenpellets unzerkaut mit etwas Wasser. Wer das regelmäßig rund einhundert Jahre lang macht, … wird alt. 
 


https://doi.org/10.1556/1886.2022.00006
2 Yoshihiro Abiko, Durga Paudel, Osamu Uehara,Hops components and oral health, Journal of Functional Foods, Volume 92, 2022, 105035, ISSN 1756-4646, https://doi.org/10.1016/j.jff.2022.105035.
3 Yoshihiro Abiko, Durga Paudel, Osamu Uehara,Hops components and oral health, Journal of Functional Foods, Volume 92, 2022, 105035, ISSN 1756-4646,https://doi.org/10.1016/j.jff.2022.105035.
4 Vazquez-Cervantes, G.I.; Ortega, D.R.; Blanco Ayala, T.; Pérez de la Cruz, V.; Esquivel, D.F.G.; Salazar, A.; Pineda, B. Redox and Anti-Inflammatory Properties from Hop Components in Beer-Related to Neuroprotection. Nutrients 2021, 13, 2000. https://doi.org/10.3390/nu13062000
5 Kenda, M.; Glavač, N.K.; Nagy, M.; Sollner Dolenc, M.; on behalf of the OEMONOM. Herbal Products Used in Menopause and for Gynecological Disorders. Molecules 2021, 26, 7421. https://doi.org/10.3390/molecules26247421
6 Min, B.; Ahn, Y.; Cho, H.-J.; Kwak, W.-K.; Suh, H.J.; Jo, K. GABAA Receptor-Mediated Sleep-Promoting Effect of Saaz–Saphir Hops Mixture Containing Xanthohumol and Humulone. Molecules 2021, 26, 7108. https://doi.org/10.3390/molecules26237108
7 Korpelainen, H., Pietiläinen, M. Hop (Humulus lupulus L.): Traditional and Present Use, and Future Potential. Econ Bot 75, 302–322 (2021). https://doi.org/10.1007/s12231-021-09528-1

Ein Beitrag von

Leiterin BarthHaas Campus

Dr. Christina Schönberger

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